Langsam steht das Gras gut auf den Wiesen und es wird Zeit, die Schafe auf die Weiden zu bringen. Zuvor gilt es allerdings noch, die Tiere von ihrer mittlerweile stattlichen Wollpracht zu befreien, denn das Scheren auf den Weiden gestaltet sich nämlich recht aufwendig. Und nachdem sich unser Schafscherer immer zu einer prima Zeit Anfang Mai anmeldet, trifft sich das super mit unserem Rhythmus. Zu Beachten gibt es für die Schur erst einmal nur ein paar Dinge. Um die Wolle nicht unnötig zu verschmutzen, sollte der Arbeitsplatz des Schafscherers sauber sein. Auch sollte noch weitere saubere Fläche zur Verfügung stehen, um die Wolle grob zu Sortieren, zu Verpacken und zu Lagern.
Um die Schafe überhaupt zum Scherer zu bekommen – irgendwie scheinen die Kleinen nicht freiwillig zu ihrem Friseur zu wollen – müssen sie klein gepfercht werden. So können sie ohne viel Stress gefangen werden. Auch könnte man andenken, am Tag vor der Schur nicht zu füttern, um Kotverschmutzungen zu vermeiden. Diese Praxis gibt es hier nicht. Die Umgewöhnung von Heu auf Grünfutter findet statt, nachdem der Scherer sein Werk vollendet hat. Somit koten die Tiere noch fest und die Knüddel lassen sich, im Fall der Fälle, schnell restlos wegfegen. Am wichtigsten aber ist, dass die Schafe zur Schur trocken sind. Einerseits verträgt sich Strom mit Feuchtigkeit nicht sonderlich gut, andererseits kann nasse Wolle nicht gepackt und gelagert werden.
Exkurs:
Also heißt es, einige Tage vorher schon das Wetter zu beobachten. Kündigt sich die Tage vorm Schertermin viel Regen an, kann man die Tiere, sollten sie im Freien stehen, einstallen. Sind sie schon nass, dann wiederum kann der Stall genau das Falsche sein. In einem älteren Gebäude, das typischerweise nicht übermäßig gut durchlüftet und mitunter etwas beengt ist, trocknen die Tiere in einer Woche nicht. Eher setzen sie Moos an. Glücklich, wer einen Offenstall hat. Durch die gute Belüftung trocknet die Feuchtigkeit in der Wolle binnen Tagesfrist ab. Oder es trifft sich, daß der Regen am Tag vorm Scheren aufhört. Dann kann man die Schafe auch draußen stehen lassen.
So, wenn alles bereit ist, kann der Scherer kommen. Seit wir Schafe haben ist das bei uns Jürgen Hümmer, der mit guten Tipps zur Haltung nicht sparsam ist. Während er die Schermaschine aufbaut, werden von uns die ersten Schafe mit Kraftfutter vom Pferch in die Lämmerbox gelockt. Die ist so klein, dass die Süßen nach dem Auffressen freiwillig zu Ihrem Termin gehen. Noch schnell auf den Popo gesetzt und runter mit der langsam lästigen Wolle. Nun dürfen die geschorenen Schafe direkt zum ersten Mal im Jahr für zwei bis drei Stunden auf die Wiese um die Futterumstellung zu beginnen. Bettina sortiert schon die Wolle vor und verpackt sie und ich habe bereits wieder das nächste Schaf dem Scherer vor die Füße gesetzt.
Nach 90 Minuten sind die Schafe nackt, genießen das frische Gras und die Lämmer können endlich wieder beherzt bei ihren Mamis trinken.
Für die Weide sind die Tiere trotzdem noch nicht bereit. In unserer Schafhaltung gibt es zuvor noch eine (eigentlich zwei) Behandlung gegen Würmer und Bandwürmer. Das scheint nicht besonders lecker zu schmecken, ist aber notwendig. Die Anzahl der Entwurmungen lässt sich durch gezieltes Weidemanagement verringern und der Parasitendruck kann dadurch nahezu zum Erliegen kommen. Da verstärkter Wurmbefall aber nicht immer erkannt wird und gerade geschwächte Tiere binnen kurzer zeit daran verenden können, gehen wir hier kein Risiko ein. Zudem wird ein starkes Verseuchen der Weiden vermieden.
Nun dürfen die Schafe noch für 10 Tage hier am Offenstall das Gras abweiden. Täglich werden es größere Portionen, dafür wird natürlich immer weniger Heu gefressen. Eine plötzliche Futterumstellung ist unter allen Umständen zu vermeiden, da dadurch die Pansentätigkeit herabgesetzt bzw. eingestellt werden kann. Eine Nährstoffversorgung ist dann nicht mehr gegeben. Gerade in der Laktationsphase ist es wichtig, dass die Schafe genug Nährstoffe bekommen. Im schlimmsten Fall liegen die Tiere fest und stehen nicht mehr auf.
Wie es weitergeht, mit den Schafen und der Wolle, gibt es schon in ein paar Tagen zu lesen.